2013/09/22

Videobearbeitung mit Hero 3 Videomaterial (unter Wasser)

Als Einstieg habe ich in einem vorangegangenen Beitrag gezeigt, wie man überhaupt Protune-Videomaterial von einer GoPro HD Hero 3 mit Kdenlive bearbeitet. Dabei haben wir uns erst einmal mit Videomaterial begnügt, dass über Wasser gedreht wurde.

In diesem Beitrag machen wir uns nun daran, solches Videomaterial zu bearbeiten, dass unter Wasser aufgenommen wurde. Viel Spaß beim Lesen und selber (Nach-) Machen!

Fast so wie bei Politikers...!


In aller Regel fällt beim Thema «Unterwasseraufnahmen nachbearbeiten» immer gleich auch das Stichwort «Farbkorrektur». Nur, wir haben aber doch den Weißabgleich bei der GoPro HD Hero 3 bereits ausgeschaltet, dann kann es doch gar keine fehlerhaften Farben geben...?

Im Prinzip ja: es gibt keinen fehlerhaften Farbabgleich mehr. Dessen ungeachtet entspricht aber der Farbeindruck der Aufnahmen nicht unbedingt den Erwartungen des Betrachters (zu dem auch der Kameramann gehört). Zum einen sind wir Menschen beim Sehen alles andere als objektiv, zum anderen sollen die später gezeigten Bilder vielleicht absichtlich eine bestimmte Stimmung ausdrücken oder beim Betrachter hervorrufen. Unser Gehirn führt sowieso ständig seinen eigenen Weißabgleich durch.

Und damit ist es mit den Farbeindrücken von Bildern wohl ähnlich wie mit Wahlversprechen von Politikern: schön, bunt, lieber noch schön bunt sollen sie sein. Der ungeschönten Wahrheit sollten sie tunlichst nicht entsprechen, weil sie ansonsten einfach zu hässlich wirken würden.

Tatsächlich geht es damit in den allerwenigsten Fällen um eine wirkliche Farbkorrektur in dem Sinne, dass ein offensichtlicher Fehler zu beheben ist. Vielmehr wird farblich nachbearbeitet. Im Englischen hat sich dafür der Begriff des «color grading» etabliert. Die dafür zuständigen Spezialisten spielen eine wichtige Rolle, wobei nicht nur Kinofilme, sondern auch Fernsehaufnahmen inzwischen durch das color grading gejagt werden. Ein prominentes Beispiel ist die amerikanische Serienproduktion CSI:Miami, die in ihrer kitschigen gelblich-rötlichen Farbstimmung unübersehbar ist.

Doch zurück zu unserem Aufnahmen aus der GoPro HD Hero 3. Die Idee hinter Protune mit WB raw ist ja gerade, die Sensordaten möglichst neutral verarbeitet abzuspeichern, um damit dann viel Spielraum in der Nachbearbeitung zu ermöglichen.

Effektgruppe: Protune unter Wasser


Die nötigen Grundlagen haben wir uns ja bereits erarbeitet. Bisher haben wir bei der Tonwertkorrektur allerdings die drei Farbkanäle Rot, Grün und Blau einfach über einen Kamm geschoren. In den allermeisten Fällen fährt man damit auch über Wasser hervorragend und spart sich gleichzeitig unnötige Arbeit.

Unter Wasser haben wir es aber mit einer deutlich veränderten Situation zu tun: einerseits filtert das Medium Wasser Licht je nach Farbe recht unterschiedlich und andererseits enthält es auch noch jede Menge Schwebstoffe, die Licht  farblich recht unterschiedlich streuen. Und dann ist das von oben einfallende Licht selbst über Wasser ja oft recht unterschiedlich im Laufe des Tages. Und unsere Tauchlampen bringen wiederum ihre eigene Lichtfärbung mit. Wir kommen also nicht darum herum, die Farbkanäle getrennt zu behandeln.

Damit die farbliche Nachbearbeitung später leichter von der Hand geht, bauen wir uns am besten erst einmal einen Protune RGB-Effekt zusammen. Den Ausgangspunkt haben wir ja bereits: einen Béziereffekt zur Tonwertkorrektur á la Protune.

Wir nehmen uns nun erst einmal einen beliebigen Videoclip aus der GoPro HD Hero 3 (gegebenenfalls nur ein Stückchen davon) vor und platzieren ihn in der Zeitleiste von Kdenlive. Danach markieren wir ihn.

Neue Effektgruppe für Protune-Effekt
Zunächst einmal wenden wir auf den markierten Clip in der Zeitleiste nun unseren bereits vorgefertigten Protune-Effekt an.

Dieses Mal stellen wir für den Kanal  aber Rot ein, und nicht, wie bisher, RGB. Damit wirkt dieser Effekt nur noch auf die Rotanteile in unserem Videoclip.

Außerdem verpacken wir den Effekt in seine eigene, neue Gruppe. Dazu im Menü des Effekts selbst den Menüpunkt «Gruppe erstellen» («Create group») auswählen.

Effektgruppe mit R, G und B.
Als nächstes fügen wir unserem Videoclip den Protune-Effekt noch zwei weitere Male hinzu. Einmal stellen wir hier dann als Kanal Grün und dann noch Blau ein. Zudem verschieben wir beide Effekte einfach mit der Maus in die zuvor erstellte Gruppe.

Mit dem Menüpunkt «Gruppe speichern» («Save group») speichern wir uns abschließend diese Dreierbande zur späteren bequemen Wiederverwendung.Wir werden sie bei unserer Arbeit enorm häufig benötigen...

Beispiel Bergsee


Standard Protune Tonwertkurvenkorrektur.
Als erstes Beispiel zeige ich hier Material aus dem Fernsteinsee. Wer noch nie dort tauchen war: einmal im Leben sollte man solche Sichtweiten in einem Bergsee erlebt haben. Der Fernsteinsee sowie der noch eindrucksvollere Sameranger See (Video) liegen in der Nähe des Fernpasses in Tirol, Österreich.

Aber zurück zu unserem Beispiel. Wenden wir die zuvor vorbereitete Protune-Effektgruppe an, dann kommt das hier rechts gezeigte Bild heraus (sofern man noch die Farbsättigung wie gezeigt erhöht und nachschärft).

Naja. Das mag ja zwar halbwegs wahrheitsgemäß sein, aber dafür bezahl ich doch nicht so viel Geld, um im Fernsteinsee tauchen zu dürfen. Dieses etwas ungewöhnliche Jahr hat halt auch hier seine Spuren hinterlassen. Und wenn Gerhard Schröder sich seine Haare färbt, dann dürfen wir das auch.

Also greifen wir uns unsere Tonwert-Troika und nehmen uns erst einmal die Grünen vor. Die sind in der Gesamtkomposition eindeutig zu laut. Damit die grünen Tonwerte nicht einfach durchregieren, schwächen wir sie nun etwas ab. Beispielhaft zeigt das die nebenstehende Abbildung unseres Protune-Effekts im grünen Kanal.

Dazu habe ich einfach den linken Griff, der zum Kurvenendpunkt recht oben gehört, ein Stück nach unten gezogen. Dadurch senkt sich die ursprüngliche S-Kurve ab und wird etwas flacher.

Es gibt in diesem dreckigen Geschäft keinen Idealwert, mit dem man sein Unterwasser-Material aus der GoPro HD Hero 3 einfärbt. Stattdessen muss man hier ganz nach Gefühl und einem Blick für den Gesamteindruck des Bildes die Anpassungen vornehmen. In diesem Beispiel ist das Grün nicht allzu dominant und wir wollen es auch nicht zu sehr verschwinden lassen.

Klare, blaue Bergseen.
Und das kommt dann dabei heraus, siehe rechts. Gut so, da versteht der Zuschauer schon besser, dass wir es hier mit einem herrlich klaren Bergsee zu tun haben.

Und nicht mit einer hochalpinen Erbsensuppe.

Beispiel Straussee I


Zuerst die Pflicht...


Straussee.
Weil wir gerade beim Stichwort «Erbsensuppe» sind: mein zweites Beispiel kommt aus dem Straussee. Dieser liegt östlich von Berlin in bequemer Ausflugsnähe zur Hauptstadt. Wie zuvor habe ich hier neben der Tonwertkorrektur (wie über Wasser) nur noch die Sättigung angehoben und nachgeschärft.

Technisch gesehen haben wir es nicht mit einem Farbstich zu tun. Glaubt mir, der See war zu diesem Zeitpunkt so. Man kann nun beispielsweise mit den Schultern zucken und etwas von Dokumentarischer Echtheit murmeln ... und gut ist.

Oder man schreibt einfach, es wäre eine GoPro HD Hero oder Hero 2 gewesen. Bei denen kam das hier grundsätzlich immer unter Wasser heraus, dem unseligen Weißabgleich sei's gedankt. Das ist dann aber schon nahe am Brüderle.

Feinarbeit am Grün- und Blaukanal.
Wir nehmen uns stattdessen diese Erbsensuppe doch noch einmal vor. Wunder sind hier nicht möglich, aber wenigsten den verunfallten Grüneindruck können wir reduzieren.

Jetzt kommt uns endlich zu gute, dass wir die Tonwertkorrektur auf die drei Kanäle Rot, Grün und Blau aufgeteilt haben.

Im Rotkanal ist bei diesem Beispiel praktisch nichts zu holen. Wir lassen ihn am Besten so, wie er ist. Wenn wir ihn anheben würden, dann würde alles nur bestenfalls bräunlich oder rotstichig. Es ist eben nur wenig Rot da, so ist das eben.

Schauen wir uns nun lieber den Screenshot meiner Einstellungen für den grünen und roten Kanal an:
  • die Tonwertkurve für die Grünanteile habe ich abgesenkt ... und zwar recht deutlich.
  • die Tonwertkurve für die Blauanteile habe ich ein ganz klein bisschen angehoben. Das muss man aber mit viel Gefühl machen. Wenn man hier etwas zu viel anhebt, dann wird das Bild magenta-stichig. Der Grund: Rot bleibt und Blau wird etwas mehr, Grün aber deutlich weniger. Also besteht sowieso schon die Gefahr eine Farbstichs in Richtung Magenta.
Der Hecht nunmehr mehr echt.
Letztlich gilt auch hier wieder: nach Geschmack, aber nicht übertreiben. Mein Ergebnis seht ihr rechts. Jetzt habe ich schon fast das Niveau der Raute der Macht erreicht. Allerdings musste ich etwas für dieses Ergebnis tun. Gut, es ist halt eine Frage der Einstellung.

Lange herumzuprobieren bringt übrigens erfahrungsgemäß keine Besserung. Ich habe einmal als Faustregel gelesen, dass alle in den ersten zehn oder zwanzig Sekunden gemachten Einstellungen die besten sind. Danach macht man es eher wieder schlechter.

Diese Regel hilft auch ganz gut, eben gerade nicht an einzelnen Szenen zu versacken und das letzte herausholen zu wollen.

...dann noch eine kleine Kür


Wie man oben sehen kann, führt das deutliche Absenken des Grünkanals dazu, dass konsquenterweise insgesamt die Helligkeit im Bild sinkt. In der Regel soll ja zumindest der ursprüngliche Helligkeitseindruck erhalten bleiben.

Wir haben ja schon bei der Nachbearbeitung von Überwasser-Videomaterial gesehen, dass es sich oftmals lohnt, die Kontraste und auch die Helligkeit noch szenenspezifisch einzustellen. Damit kann man beispielsweise zu starke Helligkeitssprünge zwischen Szenen reduzieren oder aber bewusst mit dem Helligkeitseindruck arbeiten.

Helligkeit und Kontrast anpassen.
Selbstverständlich gibt es für Kontrast und Helligkeit eigene Effekte. Ich persönlich arbeite aber lieber direkt mit der Tonwertkurve, weil sie mir einen viel einfacheren und doch zugleich viel besseren Eingriff ermöglicht. Also ziehen wir uns aus der Effektesammlung wieder einmal den Béziereffekt heraus.

Die Tonwertkurve wirkt dieses Mal wieder nur noch auf alle Farbkanäle gleichzeitig. Wer mag, kann auch stattdessen direkt im Helligkeitsraum arbeiten; dieser findet sich in der Liste der verfügbaren Kanäle rechts oben im Effektdialog.

Zunächst nehmen wir uns den linken Anfasser des Endwertes rechts oben. Damit verpassen wir der ursprünglichen Gerade nun einen Buckel, allerdings nicht zu stark. Damit gaben wir die Helligkeit angehoben. Das untere Ende der Tonwertkurve biegen wir allerdings dann ein bisschen nach unten, so wie im Screenshot gezeigt. Damit sorgen wir in den dunklen Bereichen für eine sattere Dunkelheit und retten noch damit den Kontrasteindruck noch ein Stückchen weit. Damit bleibt insbesondere die Kontur des Hechts erhalten, der hier durch das Gegenlicht sich besonders in seiner Kontur vom hellen Hintergrund abhebt.

Tonwertkorrektur: etwas mehr Helligkeit und Kontrast.
Am Schluss haben wir damit dann das Ergebnis rechts erreicht. Damit wären zumindest meine Fähigkeiten ausgereizt.

Gegenüber der ursprünglichen Erbsensuppe, die zwar authentisch, aber wenig schön ist, kann sich unser Endergebnis aber mit Sicherheit sehen lassen.

Beispiel Straussee II


Wo sind die Fische???
Ein weiteres übles Beispiel, an dem man gut erkennen kann, was man beim color grading so treiben kann. Mein Ziel war auch hier, die Erbsensuppe zu vermeiden und die Fische deutlicher sichtbar werden zu lassen. Natürlich ist auch diese Nachbearbeitung ein Spiel mit Sehgewohnheiten und Seherwartungen.

Außerdem seht ihr bei diesem Beispiel schön, wie rasch so ein Effektstack für eine einzelne Szene wachsen kann.

Lerneffekt: Effekte für UW-Video
Wir packen also wieder die einzelnen Protune-Tonwertkurven für Rot, Grün und Blau aus, sowie die bekannte Sättigung und das Schärfen.

Im Bild rechts ist zudem noch eine einzelne Bézierkurve zu sehen: diese dient wie im vorangegangenen Beispiel dazu, Helligkeit und Kontrast anzupassen.

Neu ist nun der Effekt Farbstich. Also doch?! Ich verwende ihn hier, um dem Farbeindruck noch einen letzten Touch zu verleihen. Wirkliche Unfälle kann dieser Effekt nicht beheben.

Dazu habe ich mit der Pipette für den Farbton, der eigentlich im Bild weiß sein soll, ein geeignetes Pixel aus dem Standbild gegriffen. Schaut man genau hin, dann sind im rechten oberen Bereich des Bildes Luftblasen zu sehen. Und Luftblasen sind immer gut für einen Weißabgleich. Im Zweifelsfall sollte man dann die so abgegriffene Farbe noch händisch über den Farbdialog aufhellen, damit die Bildhelligkeit durch diesen Effekt nicht wieder abgesenkt wird. Außerdem justieren wir noch die Sättigung des Farbstichs über den Schieberegler geeignet nach.

Da ist Fisch!
Und das Ergebnis ist dann rechts zu bewundern.

Gut, es ist halt wirklich ordentlich gelogen. Aber, wie unsere Politiker immer so schön sagen: es ist ja zu unserem Besten.


Effekte kopieren


Zum Abschluss erwähne ich noch eine wichtige Arbeitserleichterung, die Kdenlive dankenswerter von Haus aus mitbringt. Ihr könnt nämlich alle Effekte eines Clips in der Zeitleiste (also einer einzelnen Szene) ganz einfach auf einen anderen Clip kopieren. Damit müsst ihr die gerade mühsam gefundenen Einstellungen einer Szene nicht erst wieder mit noch mehr Mühe nachbauen. Stattdessen kopiert ihr eure Einstellungen einfach zur nächsten Szene. Und danach justiert ihr dann die Kopie so, wie ihr wollt.

Und das geht so: Zuerst markiert ihr denjenigen Clip (Szene) in der Zeitleiste, dessen Effekte ihr kopieren wollt und drückt ganz einfach Strg-C oder Copy. Dann klickt ihr mit der rechten Maustaste auf denjenigen Clip in der Zeitleiste, wo ihr die Effekte hinkopieren wollt und wählt hier «Effekte einfügen» («Insert effects») aus. Fertig.

Fazit


Mit Kdenlive lässt sich erfolgreich und professionell das Unterwasser-Videomaterial aus einer GoPro HD Hero 3 nachbearbeiten. Auch wenn Kdenlive nicht mit spezialisierten Farbeffekten aufwarten kann, hat es dafür aber wirklich alle notwendigen Grundwerkzeuge an Bord. Ich habe hier auch nur einen sehr kleinen Ausschnitt gezeigt.

Die benötigten Effekte noch einmal in der Übersicht:
  • Gruppe mit den folgenden Effekten:
    • Bézierkurve für den Rotkanal zum Entzerren der Protune Tonwertkurve,
    • Bézierkurve entsprechend für den Grünkanal und dann noch
    • Bézierkurve für den Blaukanal.
  • je nach Bedarf noch eine weitere Bézierkurve für RGB zusammen, um für die Szene die Helligkeit und den Kontrast anzupassen.
  • je nach Bedarf noch den Effekt Farbstich, sozusagen für den letzten Touch.
  • Farbsättigung (Sättigung: 200),
  • Schärfen (Anzahl: 700, Größe: 20).
Mit diesem Starter-Set an Kdenlive Effekten kann man aber schon sehr gut und vor allem ansehnlich arbeiten. Ich denke, dass ich das in diesen Beitrag zumindest ansatzweise demonstrieren konnte.

Damit wünsche ich euch viel Spaß und viel Erfolg bei euren eigenen Videoprojekten!

Wie immer freue ich mich über Lob und konstruktive Kritik.

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