2013/01/20

Herografie

Herografie in Perfektion?
Während sich der eine oder andere Taucher entnervt und frustriert von seiner GoPro HD Hero oder HD Hero2 trennt, muss hingegen ich wohl offensichtlich einer Anwenderschar zugerechnet werden, die man in Anlehnung an die fotografische Stilrichtung der Lomografie am ehesten als (Unterwasser-) «Herografen» bezeichnen könnte.

Warum sonst sollte man sich nach der geschickt als «Weißabgleich» verbrämten Falschfarbendarstellung der HD Hero 2 noch einmal in das Abenteuer GoPro stürzen? Sadismus? Firmware-Junkie? Unbelehrbarkeit? Was ist denn dran an der neuen «HD Hero 3 Black»? Ein erster Blick...

An anderer Stelle habe ich bereits ausgeführt, warum ich trotz der Einschränkungen und Eigenheiten immer noch meine HD Heros zum Filmen unter Wasser benutze. Ich denke, die daraus entstandenen Videos sprechen für sich, trotz der Einschränkungen der GoPro Kameras. Um eine Nachbearbeitung kommt man also kaum herum. Und mein Ziel ist nicht, mich als (Möchtegern) professioneller Unterwasser-Filmer zu gerieren. Das überlasse ich gerne anderen, so dass die GoPros mir genügen. Herografie, sozusagen.

Allerdings sind die Hauptprobleme der HD Hero 2 nicht zu leugnen:
  • miserabler Weißabgleich unter Wasser bei allen Lichtbedingungen, die nicht exzellent sind, woran auch das «neutrale Farbprofil» in den Protune-Betriebsarten nichts herausreißen konnte.
  • Gurken-Firmware, die leider nicht einmal beim Kunden mehr reifen mag. Was schlichtweg daran zu liegen vermag, dass Gurken (ganz im Gegensatz zu Bananen) nach dem Ernten partout nicht mehr reifen wollen.

Die 3 Heroen


Zunächst einmal hat GoPro seine bisherigen Modelle HD Hero und Hero 2 aus dem Sortiment genommen und dafür gleich drei verschiedene HD Hero 3 Modelle (GoPro) neu eingeführt. Wahrscheinlich daher auch der Name «Hero 3». In ihrem Inneren sind die drei HD Hero 3 Modelle trotz gleicher Modellgattung sehr unterschiedlich. Ganz grob zur Orientierung:
  • HD Hero 3 Black Edition: die einzig wirklich neue Kamera, die auch für's Tauchen potentiell mehr Leistung bietet. Dazu gleich mehr.
  • HD Hero 3 Silver Edition: eigentlich eine Art von aufgemöbelter Hero 2, nun mit integriertem WLAN (Wi-Fi, wireless LAN). Alter Sensor, neuer Prozessor außenherum. Zudem kann der Weißabgleich erstmalig beeinflusst werden. Also praktisch witzlos, wenn man sich schon mit einer HD Hero 2 herumgeschlagen hat.
  • HD Hero 3 White Edition: auch eine Art überarbeitete Hero (1), ebenfalls nun mit integriertem WLAN (Wi-Fi, wireless LAN). Auch hier gilt wieder: alter Sensor, neues Drumherum. Für das Tauchen inzwischen einfach überholt, weil man für ein bisschen mehr Geld deutlich mehr Sensorqualität bekommt.

HD Hero 3 Black Edition


HD Hero 3 Black Edition (leider wieder mit heller Front),
mit WLAN-Fernbedienung. Bis 3m «wasserfest», nunja.

Letztlich ist das einzige für mich interessante Kameramodell die HD Hero 3 Black Edition. Neben dem endlich vollständig abstellbaren Weißabgleich gibt es höhere Auflösungen beziehungsweise höhere Bildraten. Sinnvoll sind dabei:
  • 1080p mit nun 50 Bildern/s, wahlweise mit den Blinkwinkeln weit, mittel und schmal.
  • 2700x1520 mit 25 Bildern/s, leider nur mit weitem Blickwinkel. Für meinen Geschmack etwas sehr marktschreierisch als 2.7K anstatt als 1520p beworben. Nunja, so sind sie halt, diese Marktschreier von der Fraktion Master of Bullshit Ass-ministration.
Hinsichtlich der Vor- und Nachteile der diversen Aufnahmemodūs (ha!) ist der Blogartikel «Understanding Your New GoPro» von Abe Kislevitz absolut lesenswert. Letztlich bestätigt dieser fundierte Beitrag meinen Verdacht: 1080p mit wahlweise 25 oder 50 Bildern/s oder 1520p mit 25 Bildern/s sollten für's Tauchen die Wahl sein. Mal sehen...

Leider hat auch die HD Hero 3 Black Edition wieder diese unsägliche helle Front. In ungünstigen Situationen reflektiert diese dann Licht auf das zu filmende Objekt. Zum Glück tauche ich in Gebieten, wo sowieso kaum Licht ist, so dass Reflexionen vom Tauchgehäuse oder vom Hero-Gehäuse kaum vorkommen.

Auf Einen Blick


Aus meiner Sicht gut:
  • (+) Abschaltbarer Weißabgleich.
  • (+) Abschaltbarer Weißabgleich. Ja, ich wiederhole mich, aber das ist wirklich angebracht.
  • (+) Sagte ich schon...?
  • (+) Protune-Material viel weniger verrauscht als bei der HD Hero 2, was dem besseren Sensor geschuldet ist.
  • (+) 1080p mit nun auch 50 Bildern/s: zwar geht es bei der Art des von mir betriebenen Tauchens extrem ruhig zu, aber ab und zu wären 50 Bilder/s schon hilfreich. Da wäre zum Beispiel die Geschichte mit dem Barsch und dem Flusskrebs im Plansee gewesen...
  • (+) die neue vertikale Auflösung von 1520p, zwar nur mit 25 Bildern/s, dafür aber mit ausreichend Raum, um bei der Nachbearbeitung den passenden Bildausschnitt zu wählen, ohne an Auflösung zu verlieren. Aufgrund technischer Randbedingungen leider nur im Weitwinkel verfügbar.
  • (+) kein separates Tauchgehäuse mehr. Es gibt nur noch ein bis 60m Tiefe zugelassenes Gehäuse mit planer Frontscheibe für alle Hero 3 Ausgaben direkt ab Firmenkarton.
  • (+) die plane Frontscheibe ist bei der HD Hero 3 kompakter als bei der HD Hero 2. Sie wurde offensichtlich endlich von vornherein mit in den Entwurfsprozess einbezogen und nicht wie bei den HD Heros 1+2 nachträglich aufgepropft.
  • (+) der überarbeitete Verschluss ist zunächst gewöhnungsbedürftig, aber dann eigentlich ganz praktisch ... ohne Trockenhandschuhe. Mit dürfte er unbedienbar sein, weil nun eine Verriegelung gegen versehentliches Öffnen mit integriert wurde. Ich hatte zwar nie Probleme mit der alten Verriegelung, aber falsch ist diese Verbesserung trotzdem nicht.

Aus meiner Sicht leider unbrauchbar oder nutzlos:
  • (-) Der viel zu kleine Akku mit 1050mAh, bei dem eine HD Hero3 Black Edition mit LCD nicht einmal eine Stunde unter Wasser durchhält. 
  • (-) microSD-Karten statt normaler SD-Karten: angesichts der massiven Probleme mit unzureichender Schreibperformance bei überteuerten Preisen ist der Wechsel auf microSD-Karten ein massives Ärgernis. Siehe dazu auch meine Erfahrungen mit microSD-Karten.
  • (-) Fotos während des Filmens anfertigen ... wäre für mich eigentlich eine tolle Funktion, wenn sie denn mit Protune und ausgeschaltetem Weißabgleich verfügbar wäre. Leider geht das aber nicht und was helfen mir die völlig farblich versauten Bilder im Stile der Herografie Marke HD Hero 2? Also eine Funktion rein für den Prospekt aus Sicht des Tauchers.
  • (-) integriertes WLAN und die WLAN-Fernbedienung, weil sie unter Wasser nutzlos ist. Letztlich bezahle ich den Unsinn mit, obwohl ich davon keinen Gebrauch mache.
  • (-) Das neue Touch-LCD-Bacpac: ja, was soll ich denn damit unter Wasser? Von der Bedienung über Wasser zwar wirklich prima, aber für den Einsatz unter Wasser schlichtweg zu teuer.

Erster Video-Eindruck


Leider konnte ich bislang die HD Hero 3 Black Edition nur über Wasser ein wenig ausprobieren. Bei dem aktuell trübem, bedecktem Winterwetter war das aber schon ein erster guter Test: mit aktiviertem Protune und ausgeschaltetem Weißabgleich blieb das Farbrauschen sehr angenehm niedrig. Dieses Material aus der HD Hero 3 Black Edition ist für mich direkt ohne großen Aufwand verarbeitbar. Im Vergleich dazu war das Farbrauschen an einem bedeckten Tag bei der HD Hero 2 im Protune-Modus schon deutlich sichtbar.

Mit der Zeit finde ich hoffentlich dann noch Parameter für ein optimiertes Postprocessing, um Farbrauschen und Schärfe noch weiter zu verbessern. Was das Unterdrücken des Farbrauschens angeht, waren die Heros ja bislang ganz gut, wobei das Nachschärfen ebenfalls geschickt erfolgt.

Das war bei der HD Hero 2 leider nicht der Fall, dort habe ich bislang noch keine Einstellung für das Postprocessing gefunden, bei der das Farbrauschen unauffällig und zugleich die Schärfe akzeptabel ist.

MicroSD-Karte, Klasse 10/U1 und 45MBit/s


Zunächst einmal freuen sich SanDisk und Konsorten, denn die HD Hero 3 Modelle schlucken nur noch microSD-Karten. Das kann ich noch verschmerzen, weil meine bisherigen normalen SD-Karten für die HD Heros allesamt sowieso nur Klasse-4-Karten waren und damit für die Protune-Datenraten nun zu langsam.

Will man den unsäglichen Weißabgleich für Unterwasser-Aufnahmen abschalten, muss man zwangsläufig Protune aktivieren. Damit geht zugleich auch die Datenrate des Videomaterials hoch, da weniger komprimiert und entrauscht wird. Und jetzt wird es nämlich hakelig.

Die HD Hero 2 war schon in den Protune-Betriebsarten schon empfindlich, wenn es um geeignete SD-Karten ging. Selbst mit einer SanDisk Extreme 32GB Class 10 hängte sich meine HD Hero 2 beim Kapitelwechsel auf, also wenn aus Gründen der Interoperabilität bei großen Dateien die laufende Videodatei geschlossen und nahtlos auf eine neue Videodatei umgeschaltet werden sollte. Nach meinen aktuellen Erfahrungen mit SanDisk Ultras in der Bauform microSD wundert mich das inzwischen allerdings überhaupt nicht mehr.

Mit den höheren Auflösungen, wie 1520p steigt die Datenrate auf rund 45MBit/s an. Meine bisherigen Testläufe mit einer microSD SanDisk Extreme 16GB Class U1 in der HD Hero 3 Black Edition waren zum jedoch Glück problemlos. Keine Abbrüche, keine Hänger, auch nicht beim Kapitelwechsel. Allerdings sind inzwischen zwei SanDisk Ultra 32GB-microSD-Karten auffällig geworden. Zur Abwechselung teste ich aktuell 32GB-microSD-Karten von Transcend.

Nachtrag: Nachdem alle Karten des Typs SanDisk Ultra Probleme verursachen, habe ich sie alle den Händlern zurück gegeben. Ich setze nun seit etlichen Tauchgängen erfolgreich Karten des Typs SanDisk Extreme und neu auch SanDisk Extreme Plus ein.

Firmware-Update


Bislang war das Firmware-Update bei GoPro ein «beliebtes» Kapitel der Sorte wenn Theoretiker aus dem Marketing auf die technische Realität treffen sowie haltet eure Kunden nicht für blöder als euch selbst.

Der mit der HD Hero 2 eingeführte unsägliche Software-Müll namens Cinedingsbums scheint zum Glück nun seinem wohlverdienten Untergang als Updater entgegen zu taumeln und wird für Firmware-Updates nicht mehr gebraucht.

Den neu aufgegabelten Java-Müll lässt man auf der Webseite am Besten auch gleich links liegen (weil Java sowieso im Browser nichts verloren hat, sein Oracle unfähig ist, die Löcher zu stopfen). Man wählt einfach und sicher den nun offiziellen Weg, sich die Firmware als ZIP-Datei herunterzuladen und deren Inhalt auf eine microSD zu transferieren. Rein mit der Karte in die HD Hero 3 und diese erkennt dann schon beim normalen Einschalten das Update. Das bisherige Fingerhakeln mit den Einschalt- und Auslösertasten ist vorbei. Anscheinend kehrt endlich, wenn auch langsam, technischer Pragmatismus im Hause GoPro ein.

Wer die einschlägigen Foren mitverfolgt hat, wusste schon lange, dass der Firmware-Update über Cinedingsbums ein einziges Desaster war. Zudem war die Mishandlung von Linux-Anwendern in diesem Aspekt schon unverschämt. Letztlich scheint aber schlichtweg allein das Windows-Desaster zum Umdenken geführt zu haben. Wer einmal das USB-Subsystem von Windows kennenlernen musste, weiß, warum das so kommen musste: dessen konzeptionellen Fehler sind Legion.

Zubehör


Die Lage beim Zubehör ist zunächst einmal etwas verwirrend. Ganz grob gelten die folgenden Daumenregeln:
  • das eigentliche Gehäuse der HD Hero 3 ist weniger tief als bei den beiden untereinander gleich großen Brüdern HD Hero und Hero 2. Die Geometrie der planen Scheibe vor der Kameralinse hat sich ebenfalls verändert.
  • mechanisches Zubehör (diverse Halter, Adapter, und so weiter) passt weiterhin, soweit es um den Gabelverbinder geht. Auch passen die diversen bisherigen Rückwandgehäuse ebenso weiter und sind auch erforderlich.
  • LCD bacpac: funktioniert weiterhin auch an der HD Hero 3. Allerdings werden bei den Menüs die Ränder abgeschnitten, jedoch bleibt alles vernünftig lesbar und bedienbar. Das neue LCD touch bacpac tritt aber letztlich die einzige Nachfolge des bisherigen Displays an.
  • Hero 1+2 Akkus: sind nicht verwendbar, da sich die Bauform deutlich verändert hat. Die neuen Akkus sind schmaler und dafür tiefer, bei einem leichten Rückgang der Kapazität.
  • Akkupack Hero 1+2: funktioniert auch noch und wird korrekt erkannt! Es erscheint dann eine doppelt-hohe Batterie mit zwei Balkenreihen. Mit Sicherheit wäre das Akkupack eine der hilfreichsten Erweiterungen, wenn ich unter Wasser nicht das LCD bacpac unbedingt benötigen würde... grrr.
Nachtrag: In Bezug auf die Anti-Beschlag-Streifen habe ich inzwischen mit dem GoPro-Produkt nachhaltig schlechte Erfahrungen gemacht. Selbst ungebrauchte und korrekt gelagerte Streifen zeigten keinerlei Wirkung. Ich bin nun auf die eher klassischen Trockenmittel (Kieselgel und andere) umgestiegen, die sehr zuverlässig funktionieren.

Kaufen oder Nicht?


Tja, das ist eine gute Frage. Besonders die miserable Akkulaufzeit spricht gegen die HD Hero 3 Black. Angesichts des Systempreises mit dem erforderlichen Zubehör ist man in Preisbereichen, in denen auch einfache klassische Unterwasserkameras attraktiv sind. Allerdings bezahlt man bei diesen dann oftmals auch noch für Akkus und dergleichen dazu. Eine Garantie für gute Bilder sind auch diese großen Kameras nicht.

Wer es wirklich klein, kompakt und schnuckelig mag, der ist bei den HD Heros richtig. Trotzdem muss man wohl schon ein Freund der Hero-Modellserie sein und mit ihren Macken leben wollen und können. Das ist keine Kamera für die Makrofotografie. Und sie hat nur einen fixen Fokus. Neueinsteigern kann ich diese Kamera nur bedingt empfehlen: sie müssen schon wissen, worauf sie sich einlassen.

Eventuell sollte man vielleicht stattdessen klotzen und gleich zwei HD Hero 3 Black anschaffen: eine Kamera filmt mit 1080p/50fps/medium oder narrow, wohingegen die zweite die gleiche Szene mit 1520p/25fps/wide aufnimmt. Hmmm...

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