2014/03/19

Mit Canonen auf Spatzen-Helden schießen

Mit Kanonen auf Spatzen-Helden.
Nach dreimaligem Komplettdatenverlust jeweils in einer anderen meiner drei GoPro HD Hero 3 Black Editions mit jeweils einer anderen Speicherkarte habe ich den sogenannten «Kundendienst» von GoPro (Eigenaussage) kontaktiert. Der ist sich absolut sicher, dass der Fehler wahlweise (1) bei mir oder (2) meinen Speicherkarten liegt. Angesichts dieses unglaublichen Realitätsverlustes bei GoPro habe ich für mich Konsequenzen gezogen und in ein anständiges Geschütz investiert...

Abgenutzte Markenfälschungen ... im Ernst?


Zunächst behauptete der «Kundendienst» von GoPro, dass ich gefälschte Speicherkarten minderer Qualität erworben hätte. Diese haltlose Behauptung fiel innerhalb weniger Stunden nachweislich (danke SanDisk!) in sich zusammen. Es gibt nun mindestens zwei unbescholtene Fachhändler mehr, die GoPro wegen dieser haltlosen Anschuldigungen womöglich zur Hölle wünschen. Respekt, GoPro.

Danach behauptete GoPro, dass meine Speicherkarten bereits abgenutzt wären. Nach weniger als zwanzig Einsätzen (laut meiner Tauch- und Fluglogbücher) sollen Markenspeicherkarten also bereits ausgenudelt sein? Obwohl auch das eine offensichtlich sachlich haltlose Behauptung ist, beharrt GoPro auf dieser Behauptung.

Da nehme ich nun gerne den Hinweis in der Marke «go pro» ernst und wende dieser für mich unglaubwürdigen Firma den Rücken zu. Going pro ... zumindest in der groben Richtung.

Mit der richtigen Canone auf Spatzenjagd


Nach einiger Recherche habe ich mich für ein FullHD-Geschütz aus dem Hause Canon entschieden: die LEGRIA HF G30. Wesentlich für meine Entscheidung war dabei neben der in dieser Klasse außergewöhnlichen Optik der HF G30 der Zugriff insbesondere auf den Weißabgleich.

Weiterhin ist ein passendes ikelite-Tauchgehäuse verfügbar und dieses erlaubt den Zugriff auf den Weißabgleich auch unter Wasser. Das ist leider nicht selbverständlich, wie ich bei meinen Recherchen bald herausfand.

Angesichts des Gewichts der HF G30 von knapp unter einem Kilo verwundert es nicht mehr wirklich, dass dieser Trümmer aus dem Hause Canon kommt. Nomen est omen. Der passende Kommentar aus dem Bekanntenkreis: wahrlich schweres Geschütz.

Die Canon LEGRIA (VIXIA) HF G30

Zugegeben, die LEGRIA HF G30 ist ein ganz anderes Kaliber als die GoPro-Streichholzschachteln. Naja, am Ende war beim Zündholzmonopol ja bekanntlich viel Murks in der Packung. Ansonsten gehört das ungleiche Paar LEGRIA HF G30 und HD Hero 3 Black Edition wohl in die Kategorie «Kanonen und Spatzen».

In jedem Fall bietet die HF G30 etliche Gnöbbscher, die man auch ruhig drügge darf. Auch wenn leider nicht alle Tasten mehr unter Wasser zur Verfügung stehen, so gibt es zwangsläufig mehr Einstellmöglichkeiten als bei meinen Streichholzschachteln. Vor allem setzt die HF G30 sich nicht gleich zurück, wenn man aus Versehen den Auslöser zu früh nach dem Einschalten drücken sollte. Und man fliegt auch nicht wie bei den Streichholzschachteln aus den Einstellungen komplett heraus, wenn man häufiger als alle fünf Sekunden eine Taste zur Menüauswahl oder Bestätigung drückt. Dieser Fehler begleitet GoPro-Kunden seit diversen Firmware-Versionen der HD Hero 3.
Nachtrag: gerade eben erst hat Canon im Mai 2014 ein weiteres Update der Firmware auf die Version 1.0.4.0 veröffentlicht. Anscheinend kümmert man sich im Hause Canon um Kunden und Produkte. Da hat GoPro noch sehr viel zu lernen, gerade weil nicht ersichtlich ist, wie das Pro in den Markennamen geraten ist.
Obwohl die HF G30 bereits rund ein Jahr auf dem Markt ist, liegt die jüngste Firmware-Freigabe 1.0.3.0 durch Canon gerade erst rund zwei Monate zurück. Das liegt möglicherweise auch in Teilen daran, dass die G30 noch die beiden professionellen Schwestern XA25 und XA20 besitzt. Alle drei Kameras teilen sich die gleiche Hardware-Basis und unterscheiden sich im Umfang zusätzlicher Features für den professionellen Einsatz, wie XLR-Eingängen und Infrarot-Videolicht. Damit dürfte die kleine G30 von der besseren Pflege der großen Schwestern mit profitieren.

Bei den Streichholzschachteln der 3. Generation sind schon ein dreiviertel Jahr seit dem letzten Update vergangen und der Hersteller hat lieber eine Nachfolge-Schachtel auf den Markt geschmissen, als erst einmal die Fehler zu beheben, wie das unmotivierte Zerstören des Dateisystems, das ich bereits drei Mal erleben durfte. Interessanterweise hatte ich bis zum letzten Firmware-Update nie zerstörte Dateisysteme. Der Ärger fing erst mit der letzte Ausgabe an. Ob da jemand schon für den Kaufzyklus vorgearbeitet hat?

Klar, laut GoPro ist das alles meine Schuld.

Kanonenfutter


Da erstaunt es auch nicht mehr, dass die HF G30 die von GoPro derart verunglimpften SanDisk Extreme microSD-Karten via SD-Adapter störungsfrei und vor allem auch zerstörungsfrei mit 35 MBit/s vollschreibt. Das muss GoPro erst einmal schaffen. Ganz bestimmt klappt das mit der Hero 15+ und den dann dort unabdingbaren GoPro-eigenen Spezial-Speicherkarten der Klasse «H» anstatt U1.

Ironie der Geschichte: ich habe noch etliche Klasse-10 SD-Karten der Marke SanDisk Ultra herumliegen. Die kommen jetzt wieder in den problemlosen Einsatz. Sie sind ja auch kaum abgenutzt. (Und ja, ich kenne mich insofern mit Flash-Speichern aus, als mir klar ist, dass und warum Speicherzellen in der Tat dem Verschleiß unterliegen.)

Erste Eindrücke


Für mein erstes Probe-Shooting für blutige Anfänger habe ich (wieder einmal) die reizvolle Ruine Wolfstein hoch über Neumarkt in der Oberpfalz ausgesucht. Dieser Ort bietet eine schöne Aussicht und zugleich mit der Ruine interessantes und abwechselungsreiches Terrain. Der Himmel war leider zumeist bewölkt und grau, aber dann waren da wieder zum Schluss doch noch diese wenigen magischen Minuten bei Sonnenuntergang. Und aus dem Stand hat meine Canon HF G30 das hier draus gemacht...

Abendstimmung über Neumarkt in der Oberpfalz

Ruine Wolfstein, direkt oberhalb von Neumarkt in der Oberpfalz.

Die beiden Bilder sind Standbilder direkt in der HF G30 aus dem 35 Mbit/s Videomaterial entnommen. Die Kamera kennt auch bei Fotos nur FullHD-Auflösung und ist daraufhin optimiert. Damit kann ich nun wirklich leben. Klar, die HF G30 ist nicht für das Fotografieren und den Posterdruck gedacht. Sie ist eine Videokamera, die Bewegung einfängt.

Gone Pro


Bestückt man die HF G30 mit zwei Speicherkarten, dann wechselt sie auf Wunsch nahtlos von einer auf die andere Speicherkarte, wenn die erste Karte voll ist. Zudem gibt es noch den GoPro-Memorial-Mode: hier speichert die Kamera das Filmmaterial zugleich auf beiden Speicherkarten parallel ab ... sollte einmal eine der beiden Speicherkarten tatsächlich ausleiern.

Die G30 nimmt FullHD (also die Bildgröße 1920×1080) mit wahlweise 25p oder 50p auf. Daneben zeichnet die HF G30 auch noch bei 25p mit 24 MBit/s auf. Gespeichert wird in den Formaten MP4 oder AVCHD. Ich hatte keine Probleme, das 35 MBit/s 50p Videomaterial auf meinem Samsung Tablet Note 10.1 2014 abzuspielen. Mein Samsung Fernseher verweigert leider das Abspielen von 50p-Material, es sei denn, ich spiele es per HDMI-Anschluss ein.

Die Optik der Kamera besitzt einen richtigen 20× Zoom bei sehr guten f/1.8 bis f/2.8. Einen Digitalzoom erwähne ich gar nicht erst. Der KB-äquivalente Brennweitenbereich reicht von etwas weniger als 28mm bis zu rund 570mm. Die Optik ist trotzdem kein Wunderding und die Grenzen von Optik und Sensor sind je nach Situation zu spüren.

Der Qualitätssprung in mehreren Größenordnungen gegenüber der HD Hero 3 Black Edition ist dafür im Videomaterial deutlich zu sehen. Wenn ich daran denke, über was ich so bei 2.7K oder 1080p der HD Hero 3 hinweggesehen habe, wenn Protune eingeschaltet war ... was für ein krasser Unterschied.

Vor allem ein krasser Unterschied, wenn GoPro von 30% besseren Optiken schwadroniert. Vermutlich bejubelt sich GoPro bei der Hero 4 wieder einmal ausgiebig, weil deren Flaschenböden dann aus PET und somit 30% leichter sind...

Der Messpunkt einmal aus der Ferne und dann mit dem optischen 20× Zoom herangeholt.

Alle Aufnahmen habe ich ohne Stativ angefertigt: die integrierte Bildstabilisierung leistet exzellente Arbeit, nicht zuletzt im besonders empfindlichen Telebereich. Ich bin gespannt, wie sich die Bildstabilisierung unter Wasser auswirkt. Aber nach diesen Erfahrungen über Wasser vermute ich, dass sich sie Bildstabilisierung unter Wasser beinahe langweilen dürfte.

Und dann auch endlich ein richtiger Akku: rund eineinhalb bis zwei Stunden intensiven Filmens sind damit stressfrei machbar. Der LiPo-Akku besitzt eine Kapazität von 1.700 mAh. Ich habe mir noch einen Austauschakku mitgekauft und hier zur größten Variante mit 2.700 mAh gegriffen, mit der rund drei bis vier Stunden filmen möglich sind, je nach Bedingungen und Benutzung. Über die Ladezeiten schweigt man besser, aber was soll man bei Kanonen schon erwarten...?

Kartenlöschgerät im Vergleich mit den Kanonen-Ladungen.

Die Preise für Akkus und Ladegeräte aus dem Hause Canon sind gesalzen, aber für die GoPro-Ausrüstung habe ich letztlich auch einige Scheine auf den Tresen legen müssen. Zudem sind Akkus und Ladegerät auf die Kamera bezogen und im Vergleich zu GoPro sogar leicht günstiger.

Ene, mene, muh ... und raus bist Du! 


Linienzähler und Sensorexperten werden sicherlich die Nase über die G30 rümpfen und ihre Eigenheiten auf die Goldwage legen. Die Panasonic als 3-Chipper ist doch viel besser und trotzdem billiger. Und die Sony hat einen höher auflösenden Sensor und kostet weniger. Das kratzt mich aber wenig, denn was nützt mir die in dem einen oder anderen Aspekt bessere Kamera, wenn sie für den Einsatz unter Wasser schlichtweg ungeeignet ist? Aber wie das, was soll denn da klemmen?

Tja, diverse weitere interessante FullHD-Kameras schieden leider im Zuge meiner Recherchen häufig frühzeitig aufgrund des simplen Grunds aus, dass für sie keine Tauchgehäuse verfügbar sind. Kein Witz. Die Auswahl ist leider bei Videokameras deutlich geringer im Vergleich zu Fotoapparaten. Panasonic scheint auf irgendeiner schwarzen Liste nicht nur bei ikelite zu stehen.

Die zweite Hürde war für mich fast ebenso unerwartet, dass vielen Kameras entweder der Zugriff auf den Weißabgleich weitgehend fehlt oder die Funktion unter Wasser nicht mehr erreichbar ist (Stichwort: Touch-Display). Die kleineren Canons, obwohl schon sehr leistungsfähig, fallen hier ebenso wie die Sonys aus.

Warten auf die Krake...


Das passende ikelite-Gehäuse zum Filmen unter Wasser ist natürlich bereits bestellt. Ich bin schon gespannt darauf, wie sich die Kamera dann unter Wasser in unseren Gewässern schlagen wird. Sobald ich erste Erfahrungen gesammelt habe, werde ich genauer darüber berichten. Es wird bestimmt interessant...

In eine neue Kameraklasse beim Filmen einzusteigen, finde ich ebenso spannend. Während UW-Fotografen häufig in Gewässern zu sichten sind, habe ich mir natürlich wieder einmal zum Ausgleich die Sondersparte UW-Filmen ausgesucht. Es wird also bestimmt nicht langweilig.

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