2013/10/27

Hero 2.7K Videos bearbeiten mit Kdenlive

Ruine Wolfstein, Neumarkt/Oberpfalz. Ohne «en»! (BY/D)
Mit der Hero 3 Black Edition führte GoPro die Auflösung 2.7K (2700×1520) mit 25 Bildern/s im Weitwinkel ein. Dieses Format ist jedoch weniger zum direkten Abspielen geeignet, tatsächlich verschlucken sich sehr viele Abspielgeräte an 2.7K-Videos ganz gehörig.

Die hohe Auflösung spielt stattdessen ihre Vorteile eigentlich erst in der Nachbearbeitung aus. Aber wie macht man die denn beispielsweise in Kdenlive...?

Wie immer habe ich auch hier wieder ein Beispiel aus meiner Praxis genommen: dieses Mal sind es Aufnahmen, die ich dieser Tage in der Ruine Wolfstein angefertigt habe. Ja, richtig, Wolfstein. Nein, sie heißt wirklich so. Und sie heißt auf keinen Fall Wolfenstein...!

Ein, wenn nicht das, gängiges Videoformat ist heute sicherlich 1080p (ironischerweise mit nicht allzu hohen Bitraten). Daneben spielt mit Abstrichen auch noch 720p eine Rolle. Damit verglichen bietet uns Rohmaterial mit seinen 1520p somit verschiedene Möglichkeiten, wie zum Beispiel:
  • unveränderter Bildausschnitt und deshalb einfaches Herunterskalieren auf 1080p,
  • digitaler verlustloser Zoom bis auf 141% bezogen auf ein 1080p Ausgabeformat,
  • Entzerren des Fischaugeneffekts («Defishing»), wobei die höhere Auflösung des Rohmaterials sichtbare Verluste weitestgehend vermeidet,
  • digitale Schwenks,
  • ...
Im ersten Fall, also bei einem unveränderten Bildausschnitt, müssen wir nichts weiter tun, als einen 2.7K-Clip oder einen Teil davon einfach auf die Zeitleiste unseres Kdenlive-Projekts zu schmeißen. Fertig.

Die anderen Anwendungen (bis auf das «Defishing») laufen alle auf das gleiche Video-Handwerkszeug hinaus: den «Pan and Zoom» Videoeffekt in Kdenlive. Ähnliches sollte auch jedes anständige andere Videoschnittprogramm bieten.


Pan & Zoom mit Kdenlive


Der Videoeffekt «Pan and Zoom» ist recht flexibel und deshalb zu Beginn vielleicht nicht unbedingt so ganz einfach zu durchschauen. Der nachfolgende Screenshot zeigt, welchen Parametern sich der ahnungslose Anwender gegenüber sieht, wenn er den Effekt auf einen Clip in der Zeitleiste anwendet.

Videoeffekt Pan and Zoom in Kdenlive.

Schlüsselbilder/Keyframes


Zunächst einmal muss man wissen, dass dieser Effekt mit sogenannten Keyframes (auch Schlüsselbilder genannt) arbeitet. Die Keyframes stellen dabei diejenigen Bilder dar, für die Vergrößerung und Position des Ausschnitts explizit festgelegt werden. Kdenlive markiert sie mit kleinen Rauten ➀. Im Beispiel oben sind lediglich zwei Schlüsselbilder festgelegt: jeweils am Anfang und am Ende.

Dazwischen berechnet Kdenlive automatisch geeignete Zwischenwerte (mittels linearer Interpolation). Indem man den Abspielkopf ➁ hin- und herbewegt, kann man diesen Effekt sehr schön im Projektmonitor betrachten.

Keyframes lassen sich außerdem verschieben, indem man die Raute mit der Maus greift und entlang der Zeitleiste im Dialog verschiebt. Zusammen mit dem Abspielkopf kann man Keyframes auf das Einzelbild genau umpositionieren: zunächst platziert man den Abspielkopf auf die gewünschte Stelle. Dazu gibt man beispielsweise den gewünschten Zeitpunkt im Eingabefeld ein. Dann zieht man mit der Maus die Raute zum Abspielkopf, wo sie automatisch einrastet. Fertig.

Für viele Neueinsteiger ist irritierend, dass zunächst einmal die Eingaben für Vergrößerung und Position des Bildausschnitts gesperrt sind, wenn man nicht gerade auf einem Keyframe steht. Zu Beginn ist das genau das erste Bild des gewählten Clips. Sobald man mitten im Clip steht sind alle Eingaben gesperrt. Was nun? Entweder stellt man den Abspielkopf auf einen passenden Keyframe oder legt einen neuen an.

Neue Keyframes (Schlüsselbilder) fügt man einfach mit der Schaltfläche «+» hinzu. Ist der Abspielkopf ➁ gerade auf einem Keyframe positioniert, dann verwandelt sich das «+» in ein «-»: man kann den Keyframe nun löschen.

Endgültiger Ausschnitt und Ausgangsmaterial


Was hat es nun aber mit den beiden Rahmen ➄ und ➅ auf sich? Der rote Rahmen ➅ ist der Bildausschnitt Deines späteren Videos. Alles, was dort hinein passt, erscheint später im endgültigen Video. Der gelbe Rahmen ➄ hingegen ist Dein Ausgangsmaterial.

Wenn Du den Abspielkopf auf einen Keyframe gestellt hast, dann bekommt der gelbe Rahmen außerdem noch Anfasser. Mit diesen kannst Du den Rahmen vergrößern und verkleinern. Außerdem kannst Du den gelben Rahmen verschieben, indem Du ihn einfach in seinem Inneren mit der Maus greifst und verschiebst.

Und dann gibt es noch die Eingabefelder, mit denen Du ebenfalls Größe und Lage des Bildausschnitts bestimmen kannst. Insbesondere beim Zoomfaktor ist eine direkte Werteingabe des Öfteren hilfreich.

Groß und Klein


Wahrscheinlich siehst Du momentan nur den roten Rahmen ➅. Im Normalfall wird das Ausgangsmaterial einfach auf das Ausgabeformat herunterskaliert (oder heraufskaliert). Mit den drei Schaltflächen ➃ kannst Du einfach und schnell zwischen drei verschiedenen Abbildungen umschalten; von links nach rechts bedeuten die Schaltflächen:
  • Originalgröße, also (vereinfacht gesagt) eine 1:1-Abbildung der Pixel. Bei 2.7K-Material führt das zu einem 141%igen Zoom bezogen auf das Ausgabeformat 1080p. In diesem Fall liegen der rote und der gelbe Rahmen aufeinander.
  • Anpassen an Ausgabebreite: das Ausgangsmaterial wird so skaliert, dass es die gleiche Breite wie das Ausgabeformat hat. Mit dieser Einstellung kann man 2.7K-Material ohne Ausschnittsveränderung auf 1080p herunterskalieren.
  • Anpassen an Ausgabehöhe: das Ausgangsmaterial wird so skaliert, dass es die gleiche Höhe wie das Ausgabeformat hat. Vorsicht! Bei 2.7K-Material verbleiben dann rechts und links je eine Spalte schwarzer Pixel im endgültigen Videos.
Vorsicht! Soll 2.7K-Ausgangsmaterial ohne Ausschnittsveränderung auf das Ausgabeformat 1080p herunterskaliert werden, dann unbedingt «Anpassen an Ausgabebreite» oder den Skalierungsfaktor 100,19% benutzen. Andernfalls verbleiben im fertigen Video rechts und links je eine Reihe schwarzer Pixel. Diese entstehen aufgrund des nicht exakten 16:9-Formats der 2.7K Auflösung; diese ist nämlich exakt 2704×150wirkt4 und damit etwas breiter als 16:9.

Mit dem Schieberegler ➆ kannst Du herauszoomen, so dass Du den gelben Rahmen sehen kannst, falls dieser größer als der rote Ausschnittsrahmen ist. Normalerweise zeigt Kdenlive zunächst nur den roten Ausschnittsrahmen füllen dar, so dass der gelbe Rahmen nicht unbedingt sichtbar ist. In der Regel muss man den gelben Ursprungsrahmen auch gar nicht sehen, es reicht entweder das Positionieren mit der Maus oder die Eingaben und Positionsschaltflächen vollkommen aus.

Positionsanzeige


Was hat es nun mit dieser seltsamen roten Hantel ➇ auf sich? Sie zeigt für alle Keyframes den Mittelpunkt des Ausgangsmaterials in Form eines roten Quadrats an. Die roten Quadrate sind der Reihe nach durch rote Linien miteinander verbunden, so dass man meistens daran auch den Ablauf erkennen kann.

Das gelbe Kreuz zeigt schließlich den aktuellen Mittelpunkt des Ausgangsmaterials an: dieser hängt von der Position des Abspiwirktelkopfes ➁ ab und wird von Kdenlive zwischen zwei Schlüsselbildern (Keyframes) automatisch berechnet.

Beispiel


Bei meinem Beispiel habe ich mit dem Pan & Zoom Effekt einen digitalen Schwenk umgesetzt. Das Rohmaterial habe ich in 2.7K mit einer fest auf einem Stativ befestigten GoPro Hero 3 Black Edition gedreht. Eigentlich wollte ich mit ihr noch ein paar Bilder von meinem Quadcopter aufnehmen: deshalb der starre Bildausschnitt, weil ich mich auf den Flug konzentrieren muss. Doch dann schneite mir ein Motorschirmflieger in die Szene, was sich im Nachhinein als Glücksfall herausstellte.

Dank 2.7K ist der starre Bildausschnitt gar kein Beinbruch. Ich habe kurzerhand mit dem Pan & Zoom Effekt einen digitalen Schwenk gebaut. Damit verliert die Aufnahme ihre Starrheit und wirkt im Gegenteil sogar dynamisch.

Dazu habe ich jeweils am Beginn und am Ende des Clips einen Keyframe platziert. Um den Motorschirmflieger möglichst gut sehen zu können, habe ich bei beiden Keyframes auf 141% vergrößert, also auf die originale Auflösung. Damit bleibt die ursprüngliche Bildqualität vollständig erhalten. Den Ausschnitt selbst habe ich dann zu Beginn etwas mehr nach links platziert, am Ende mehr nach rechts. Auf diese Weise entsteht der Eindruck, dass die Kamera zumindest langsamer mitschwenkt.

Fazit


Ich hoffe, dass ich euch mit meinem kleinen Artikel die Arbeit mit 2.7K-Videomaterial und dem Pan & Zoom Videoeffekt schmackhaft machen konnte. Viel Spaß beim eigenen Ausprobieren!

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