2012/10/01

Kopfhauben

Im Sauerkraut. (Diver's Aufkirchen, BY/D)
Es gibt immer so ein paar Dinge, die ‒ warum eigentlich? ‒ nicht oder nur sehr oberflächlich in den Schulungsunterlagen stehen und die man erst durch Ausprobieren und Nachfragen bei den alten Hasen herausbekommt. Beim Tauchen mit Vollmasken sind Kopfhauben so eine Sache für sich. Kopfhauben? Ja richtig.
Mein Tipp: unbedingt noch als Teil des Pool-Trainings die eigene Kopfhaube aufsetzen und damit dann die Vollmaske betauchen. Auf diese Weise sammelt man sicher und einfach seine Erfahrungen mit den Eigenheiten im Zusammenspiel Vollmaske und Kopfhaube. Vor allem unbedingt auch die Störfälle durchspielen! Wenn das klappt, dann sollte man in jedem Fall noch Handschuhe mit in die Vorbereitung auf das Freiwasser hinzunehmen.

Haubologie


Gründsätzlich einmal muss man sich in diesen beiden Punkten entscheiden:
  • Kopfhaube aus Neopren oder Latex?
  • kommt die Vollmaske auf die Kopfhaube oder direkt auf's Gesicht?

Kopfhaube: Neopren oder Latex?


Neopren-Kopfhaube mit
glattem Gesichtsabschluss
innen und außen.
Das hängt wohl von den, ähäm, persönlichen Vorlieben ab. Aber im Ernst, das muss jeder für sich selbst ausprobieren. Die einen tauchen mit der klassischen Neoprenhaube, die anderen stattdessen mit Latexhaube (Typ «heavy duty», also dickeres Material).

Je nach persönlichem Gusto kann man zur Verbesserung des Kälteschutzes unter Latexhauben auch noch eine geeignete Unterhaube tragen.

Die gängige Materialstärke ist bei Neoprenkopfhauben 5mm. Es gibt auch 7mm dicke Hauben, diese sind aber in der Praxis abseits der Katalogfantasien nur schwer erhältlich.

In jedem Fall muss die Kopfhaube ein Ventil respektive einen Luftablass besitzen, dazu später mehr.

Teilweise werden Neoprenkopfhauben zudem mit Reflektoren ausgestattet, um den Taucher auch in schwierigen Bedingungen besser wieder finden zu können.
Meine Erfahrung: es scheint sowieso inzwischen so zu sein, dass Katologabbildungen allenfalls nur noch als Symbolfotos verstanden werden sollten: was ich dann geliefert bekam war jedesmal etwas anderes. Den Vogel hat dabei die zweigeteilte Lieferung abgeschossen, bei der die Kopfhaube in Größe XL ganz anders als die unter der gleichen Bestellnummer laufende Größe L aussah. Ein anderer Hersteller behauptete bei anderer Gelegenheit, dass die Kopfhaube, die ich nachbestellen wollte, niemals in seinem Sortiment war; nur, dass ich nachweislich das gute Stück betauche und es auf vielen Fotos in diesem Blog zu finden ist.

Vollmaske: auf oder neben die Kopfhaube?


Variante: Vollmaske über Neoprenhaube.
Obwohl die Vollmaske immer nach der Kopfhaube angelegt wird, gibt es zwei Fraktionen von «Haubenträgern»:
  • die Vollmaske liegt mit ihrer umlaufenden Dichtlippe auf der Kopfhaube auf. Auf diese typische Trageweise sind die handelsüblichen Kopfhauben für Vollmasken hin ausgelegt. Dementsprechend ist der Gesichtsausschnitt in der Kopfhaube zumeist recht knapp bemessen, ähnlich wie bei Eishauben.

    In jedem Fall muss bei dieser Tragevariante die Kopfhaube doppelseitiges, glattes Neopren («Glatthautneopren») im Bereich des Gesichts besitzen: damit die Haube dicht am Gesicht anliegt und zugleich die Vollmaske dicht an der Haube.
     
  • die Vollmaske liegt direkt auf dem Gesicht auf. Dazu muss in aller Regel die Kopfhaube zunächst passend zugeschnitten werden. Eine Möglichkeit dazu ist, zunächst die noch unmodifizierte Kopfhaube und darüber die Vollmaske anzuziehen. Danach lässt man von einem Helfer den Maskenrand mit Schneiderkreide auf der Kopfhaube markieren. Zum Schluss geht's dann ans Zuschneiden.
ACHTUNG! In jedem Fall muss die Vollmaske in Notfällen (Störungen) immer rasch vom Gesicht genommen werden können.

Dampf ablassen oder herauswischen


Entlüftungslöcher vermeiden, dass
sich unkontrolliert Luft
in der Kopfhaube ansammelt.
In jedem Fall muss beim Tauchen mit Vollmaske die Kopfhaube oben entweder ein Loch oder ein Ventil besitzen, damit in die Haube geratene Luft wieder entweichen kann und die Tarierung des Tauchers nicht gefährdet. Egal, ob die Vollmaske auf der Kopfhaube oder direkt auf dem Gesicht getragen wird: es kann immer Atemgas sowohl aus dem Maskeninnenraum als auch aus dem dem Ausatemstrom unter die Kopfhaube geraten.
ACHTUNG! Zuviel in die Kopfhaube eintretende Luft ist eine gefährliche Störsituation, in der die Tarierung des Tauchers gestört ist. Die richtige Reaktion auf eine solche Situation muss unbedingt beherrscht werden! (So wie auch beim Tauchen mit Trockentauchanzügen.)
Nachdem nun leider die Entlüftungslöcher in aller Regel schön mittig liegen, sollte man schon ein wenig darauf achten, dass der mittlere Riemen der Maskenbebänderung die Entlüftungslöcher nicht wieder abdichtet, falls die Löcher etwa am höchsten Punkt des Kopfes liegen.

Aus diesem Grund gibt es auch Kopfhauben für das Tauchen mit Vollmasken, bei denen die Entlüftungslöcher fast schon am Hinterkopf liegen. Bei normaler (horizontaler) Tauchlage sind die Löcher dann aber automatisch fast am höchsten Punkt. Einige Vollmasken haben zudem in diesem Bereich anstatt eines zentralen Verbindungspunktes für alle zusammenlaufende Bänder eine offene Struktur: damit wird vermieden, dass in diesem Bereich liegende Entlüftungslöcher abgedichtet werden.

Trotzdem werdet ihr merken, dass die Entlüftungslöcher alleine nicht alle Probleme vermeiden. Ab und zu werdet ihr je nach Passform der Kopfhaube und der Tauchgangssituation bemerken, dass ich trotzdem Luft sammelt, die nur langsam abfließt.
Kein Platz für Luft.
Mein Tipp: bei den Pool-Übungen mit Vollmaske und Kopfhaube deshalb unbedingt solche Störsituationen als Teil des Drills üben! Anfangs mag es nicht einfach sein, diese Situationen zu provozieren, aber meist bekommt man rasch heraus, wie man überschüssige Luft in die Kopfhaube bekommen kann. Die Kopfhaltung spielt dabei oftmals eine Rolle.
Mein Tipp: wenn man die Vollmaske auf der Kopfhaube trägt, kann man beispielsweise einige Kopfhauben im Kinnbereich so verziehen oder durch Grimassieren so verrutschen lassen, dass sie über den Mund reichten. So kann man dann durch die Nase einatmen und danach einen Teil der Luft in die Haube bugsieren, indem man nun durch den Mund ausatmet.
Dieses Thema wird zwar in den Unterrichtsunterlagen durchaus angesprochen, leider aber meiner Erfahrung nach nur nebenbei. Dementsprechend fehlt dann auch die praktische Übung: sie erfodert vom Prüfling Geduld und etwas Probieren, und das fehlt entweder dem Vollmasken-Aspiranten oder dem Ausbilder ist seine Zeit zu kostbar. Eine gefährliche Haltung.

Und seien wir ehrlich: welcher Ausbilder drillt seinen Kunden im Pool mit Kopfhaube?

Falls zuviel Luft in die Kopfhaube geraten ist oder ständig Luft beispielsweise durch eine abblasende 2. Stufe in die Haube nachgedrückt wird, muss man schnell handeln: zum einen die Störung beseitigen, beispielsweise durch Änderung der Wasserlage, und zum anderen die unerwünschte Luft aus der Kopfhaube befördern. Beispielsweise kann man die Luft mit einer seitlichen Streichbewegung beider Hände oben am Kopf entlang aus der Haube drücken. 

Kopfblubbern


Leider sagt einem das normalerweise auch keiner vorher ... und im bunten Werbekatalog steht's erst recht nicht drin. Tauchen mit Vollmasken kann laut sein. Ja, wie das denn?

Kleine Leckagen, die sich auch mit dem Tauchgang verändern (spätestens, wenn das Atemgas alle ist...), treten immer einmal wieder auf, obwohl man die Vollmaske sorgfältig aufgesetzt und kontrolliert hat. Die von ihnen verursachten Geräusche setzen sich dabei unter Wasser hervorragen fort. Eventuelle kleine Vibrationen spürt man natürlich über den Vollmaskenkörper auch gleich sehr deutlich. Zusammen ergibt das eine «richtig schöne» Störkulisse. Je nach Naturell und aktueller Tauchgangssituation mag man das dann auch einmal als bedrohlich empfinden.

Insbesondere noch unerfahrene Anfänger kann das unter Umständen besonders zusetzen und im schlimmsten Fall zu Stress-bedingten, falschen Handlungen veranlassen.
Meine Meinung: vor diesem Hintergrund halte ich das Anfängertauchen mit Vollmasken für nicht angezeigt. Selbst in einer warmen, sicheren Umgebung kann die allgemeine Unerfahrenheit der Anfänger im Umgang mit Stresssituationen unter Wasser richtig gefährlich werden, weil bei einer Vollmaske bei Störungen nicht nur die Sicht, sondern auch die Atemgasversorgung verloren geht. Die Ausbildung an der Vollmaske gehört deshalb aus meiner Sicht nicht zum Schnuppertauchen kompletter Anfänger und auch nicht zum Erlebnistauchen unerfahrener OWDler und frischer AOWDler.
Ich persönlich würde hier eine klare Position der Tauchsportverbände begrüßen. Im Moment erscheinen deren Haltungen primär an kommerziellen Interessen ausgerichtet zu sein. Eine Beschränkung der Ausbildungskundschaft vor dem Hintergrund sicherheitstechnischer Abwägungen ist zumindest von außen nicht erkennbar.
Wer genau bei den Bildern in diesem Blog hinschaut, wird immer wieder einmal verräterische Bläschenströme entdecken. Tragisch, aber wahr: so ganz dicht scheine ich also nicht zu sein...

Druckausgleich


Auch das Thema hier fehlt wieder in den Ausbildungsunterlagen: was hat denn der Druckausgleich mit der Kopfhaube zu tun? Keine große Sache, aber sollte doch während der Ausbildung angesprochen werden.

Es kann, wie vorhin angesprochen, immer ein wenig Luft aus dem Makeninnenraum unter die Kopfhaube gelangen. Dadurch passiert es durchaus, dass das Wasser nicht mehr in der gesamten Kopfhaube steht und Ohren und Gehörgänge trocken sind. Je nach Tauchgangssituation legt sich eventuell nun die Haube wieder besser an und es findet kein Druckausgleich mehr zwischen dem parasitäten Raum zwischen Kopfhaube und Schädelbirne statt. Dann wird der normale Druckausgleich in den Ohren behindert, weil im äußeren Gehörgang nicht der gleiche Druck wie außerhalb der Haube und innerhalb der Vollmaske herrscht.

Manchmal entsteht auch innen in der Kopfhaube ein leichter Unterdruck, so dass sich das Haubenmaterial dicht anlegt und ein Nachströmen von Wasser und damit den Druckausgleich verhindert. Dann muss der Taucher zunächst Wasser oder Luft in die Kopfhaube nachführen, so dass der normale Druckausgleich wieder möglich wird.
Meine Erfahrung: wundert euch also nicht, wenn manchmal bei Tauchgängen das Wasser ständig in die Gehörgänge hineinläuft und dann wieder herausläuft. Dann steht der Wasserpegel in eurer Kopfhaube leider gerade in Höhe eurer Gehörgänge. Je nach Naturell kann das schon einmal nerven.
Weiter geht's zum Drill als Teil einer sicheren und verantwortungsvollen Ausbildung.

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